kim sung-soo – asura

zeigte the chaser eine gesellschaft, die ihren zusammenhalt verloren hat und für innere bedrohungen enorm anfällig geworden ist, so präsentiert asura (im internationalen vertrieb mit dem untertitel city of madness) eine gesellschaft im vollständigen zusammenbruch. hier hält nichts mehr, keine allianzen, keine versprechen, hier agieren die protagonisten von einem tiefen zorn genährt, misstrauisch, zynisch, radikal. das ende des films ist so konsequent unausweichlich wie schwer erträglich, nichts für den lockeren freundeabend.

die zutaten sind einfach: die ewige korruption, die selbstverständliche polizeigewalt, ein bürgermeister mit bauprojekt, skrupellos und bestens vernetzt, ein ebenso unerbittlicher staatsanwalt, dazwischen ein doppelagent, polizist, leibwächter, undercover-ermittler wider willen – der ganz normale politische alltag für einen kriminalfilm, könnte man meinen. asura allerdings ist kein kriminalfilm, in dem es um einen fall und dessen lösung ginge, dieser film hat eine grundsätzliche dimension: asuras sind in der buddhistischen lehre titanen oder streitende halbgötter, und eben dieser streit ist der inhalt des filmes, ein unbarmherzig ausgefochtener streit, bei dem es keine gewinner gibt. eine titelsetzung, die an dostojewskis roman dämonen/böse geister erinnert, der auf einen alten russischen volksglauben zurückgriff, dass böse geister in menschen fahren und diese zu schlechten taten treiben. in asura streiten vergleichbar titanen in menschengestalt miteinander, und um dies weiter zu verdeutlichen, ist kein realer ort gewählt worden, sondern die fiktive stadt annam. ausgehend von diesen eckpfeilern könnte man asura auch ins fantasy-genre einsortieren, der im mantel eines kriminalfilms eine geradezu religiös-eifernde verstörung zwischen den sozialen und politischen kräften vorführt, die abgründiger selten dargestellt wurde.

der machthungrige, selbstgefällige bürgermeister park möchte ein neues bauprojekt in der stadt realisieren, der selbst daran profitieren würde. zeugen, die gegen park aussagen könnten, lässt er mittels für ihn arbeitenden polizist han beseitigen. dabei wird von han ein anderer polizist getötet, was er mittels bauernopfer zu vertuschen sucht. staatsanwalt kim aber entdeckt dies und versucht so, han für sich zu zu gewinnen, um material gegen park zu bekommen. es beginnt ein gefährliches spiel um allianzen und täuschungen, in dessen mittelpunkt han steht, der zudem privat das ziel verfolgt, sich seiner schwer kranken frau nicht offenbaren und sie verlieren zu müssen. um die situation zu bereinigen, organisiert han ein treffen mit kim und park in einem restaurant, das vollkommen aus dem ruder läuft.

asura ist ein zutiefst düsterer, pessimistischer film, tageslicht ist so gut wie nicht vorhanden, und die handelnden figuren gehen zu keinem zeitpunkt zimperlich miteinander um. die qualität des films liegt in seiner dramaturgischen entwicklung, wie er es schafft, szene für szene die figuren ein stück näher an die unausweichliche und doch für einen moment abwendbar scheinende katastrophe zu führen. die schlussszene im restaurant ist knapp 40minuten lang und endet in einem blutrausch, der fern jeder tarantino-gleichen ästhetischen überhöhung ist. nichts dient hier der allgemeinen unterhaltung, hier wird das gesellschaften zersetzende gift der korruption zu seinem grauenvoll konsequenten ende auserzählt, ohne überlebende, ohne moralischen gewinn, ohne irgendeinen helden. eine gesellschaft, deren zentrale akteure nicht anders handeln als aus eigennutz und ohne jede verantwortung, ist nicht nur auf dauer nicht lebensfähig, sie ist vollständig destruktiv (oder nach ivan turgenjews väter und söhne bzw dostojewskis böse geister: nihilistisch) und erscheint auch nicht mehr korrigierbar, nicht mehr reformierbar, sondern in ihrem wesenskern hoffnungslos.

kim sung-soo: asura – the city of madness. südkorea 2016. 128min. fsk 18.

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