von den leisen filmen kim ki-duks, die von stillen, einsamen menschen und weltentrückter ferne handeln, ist seom – the isle – die insel sicherlich der herausragendste, ein frühes meisterwerk, eine faszinierene erzählung über die liebe und ihre ebenso zärtliche wie schockierend grausame sprache, in betörend einfachen, doch elementaren bildern und sehr wenigen worten.
die geschichte spielt auf einem see fernab der städte, eine junge frau, hee-jin, vermietet an ausflügler kleine hausboote für einen kurzen angel-ausflug. die schweigsame frau bietet angelzubehör, kleinigkeiten zu essen und ggf auch liebesdienste an. auch hyun-shik mietet sich dort ein, der aber ein versteck vor der polizei und sich selbst sucht, da er seine frau und ihren liebhaber getötet hat. als er sich selbst ebenfalls töten will, rettet ihn hee-jin, woraus eine besondere beziehung der beiden entsteht. doch erst durch die seelische verletzung hee-jins, die hynun-shik mit einer prostituierten betrügt, und hee-jins eigenem suizid-versuch, finden die beiden aneinander so etwas wie heilung und fliehen mit dem hausboot aus dem see.
seom ist ein mehrdimensionaler film, der sowohl auf der ebene der rein abbildenden narration als auch in seinen archaisch anmutenden symbolen gelesen werden kann. im zentrum steht dabei die figur des angelns als begehren, körperliches, emotionales begehren. die geliebten und verletzten lebewesen sind sowohl im als auch über dem wasser, so bewegen sich auch menschliche körper auf, im und unter wasser, als seien sie ebenso wie fische. die verletzungen, die durch die haken an den tieren verursacht werden, wiederholen sich ganz konkret körperlich auch an den hauptfiguren, da hyun-shik mehrere angelhaken schluckt, um sich zu töten, und hee-jin ihre verletzungen durch die männer sich selbst zufügt, als sie eben jene angelhaken in ihre vagina einführt – es sind dies drastische, verstörend intensive doch radikale, konsequente ausformulierungen der ambivalenten, paradoxen beziehung, die darin besteht, dass sich hee-jin und hyung-shik sozusagen gegenseitig angeln und zutiefst verletzen. gleichzeitig ist es auch die begründung ihrer sprache der liebe, denn die sprache der fische ist die stummheit, hee-jin sagt im gesamten film kein wort, und sie setzen sich je die haken in die „münder“: die angel wird somit zum werkzeug der kommunikation. einer schmerzhaften, grausamen, ebenso liebevollen kommunikation, da sie sich gegenseitig retten, schützen und verteidigen gegen die ihre beziehung angreifenden personen wie die prostituierte, ihr zuhälter und die polizei. gleichzeitig ist hee-jin als (stumme) nymphe gekennzeichnet, die sowohl die männer betört als diese auch grausam bestraft. die erotische signatur des films ist unübersehbar, die schlusseinstellung – hyung-shik verschwindet in einer schilf-insel, die sich überblendet als schambehaarung der unter wasser ruhenden hee-jin – versinnbildlicht dies noch einmal als thema des films.
liebe, sex, begehren, verletzungen und grausamkeit, dazu eine wortlose, über gesten und handlungen geleitete kommunikation, dies alles in einem idyllischen setting: um dem allzu banalen satz stille wasser sind tief hat kim ki-duk mit seom einen außergewöhnlichen, streng komponierten, geradlinig erzählten film geformt, der in seiner ruhigen erzählweise von den deftigen momenten jäh zerschnitten wird, dass es bei der aufführung in cannes zu ohnmachtsanfällen kam.
kim ki-duk: seom – the isle – die insel. südkorea 2000. 90min. fsk 16.
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