park chan-wook – i’m a cyborg, but that’s ok

über die liebe erzählt park chan-wook ebenfalls auf seine sehr eigene weise, der nach abschluss seiner wenig humorvollen rache-trilogie 2006 die quietschbunt verspielt-naiv-komische geschichte einer jungen frau auf die leindwand brachte, die sich selbst für eine maschine hält: i’m a cyborg, but that’s ok könnte in keinem größeren kontrast zu seinen vorherigen werken stehen und ist doch ein auszeichen dafür, mit welch absurder komik und mit wieviel einfühlungsvermögen und überraschender zärtlichkeit von liebe und zuneigung erzählt werden kann.

die geschichte selbst ist dabei nicht wesentlich: young-goon, gespielt mit den größten augen seit audrey tatous amélie von lim su-jeong, glaubt eine maschine zu sein und schließt sich an eine steckdose an. in einer nervenheilanstalt beschließt sie, auf nahrung zu verzichten und sich durch lecken an batterien aufzuladen, wodurch sie immer stärker abmagert. einzig il-sun, der sich für einen meisterdieb hält und den patienten ihre eigenschaften stehlen kann, findet einen zugang zu young-goon. il-sun baut ihr eine reismaschine ein, die essen in elektrische energie umwandeln kann, wodurch er sie rettet.

i’m a cyborg, but that’s ok lebt von seiner erzählweise: es ist ein film, der stilistisch und formal herausragt und in seinen bildern, seiner grellen farbgebung, seinen völlig entrückten figuren und der kameraführung ganz wesentlich die geschichte definiert – es ist entscheidend, wie sie erzählt ist. cyborg ist ein äußerst detailreicher, kauziger film, der seine liebe zu den sonderlingen und ihrer nicht-nützlichen weltbeziehung rigoros ausstellt: ein film, den tim burton immer machen wollte, aber sich nie getraut hat. die optik ist grotesk übertrieben, allein die credits des vorspanns, die in die filmhandlung übergehen und wundervoll arrangiert sind, bezeugen eine verspieltheit und genauigkeit, die den film prägen. hinzu kommen extreme nahaufnahmen, eine übersättigung der farben und eine schier unendliche fülle an einfällen zur bebilderung der entrücktheit und des weltschmerzes, die young-goon prägen. das geht so weit, dass sogar vor einer üblen massaker-phantasie nicht halt gemacht wird, die absurde actionfilm-ästhetik à la matrix / terminator aufnimmt und eigentlich ein wüstes gemetzel darstellt, das deutlich zu weit geht – die übersteigerung ist allerdings hier programm.

young-goons eigentliches trauma, der verlust der ebenfalls psychisch instabilen oma in eine ähnliche nervenheilanstalt, zeichnet der film mit ihrer absurden parallelwirklichkeit nach und findet in der beziehung zu il-sun eine lösung. im schlusstableau nach einem nächtlichen regen zeichnet der neue morgen ein überzuckert scheinendes bild mit regenbogen und nachcoloriertem sonnenaufgang, und doch fügt sich dieser deutlich zu dick aufgetragene neue morgen eben genau so harmonisch und glaubhaft in den gesamten film, ohne ansatzweise lächerlich zu sein. im gegenteil scheint hier nun ein ruhezustand erreicht nach einer emotionalen wildwasserfahrt, und das alles im beengten gelände eines irrenhauses. der topos der nervenheilanstalt, im kino grundsätzlich definiert von einer flog übers kuckucksnest, ist in parks cyborg jedoch kein gefängnis, sondern ein ort der maximalen individuellen freiheit, da die insassen ihre spleens und sonderbegabungen wie in einem schutzraum ausleben können. so versagt sich cyborg auch trivialer zivilisationskritik an der feindlichen normierenden finsteren kapitalismuswelt, sondern feiert die jeweils vorhandene individuelle persönlichkeit mit all ihren verrenkungen, brüchen, knacksen und albernheiten, um letztlich doch vertrauen und gemeinschaft zu finden. i’m a cyborg, but that’s ok sagt schon im titel lakonisch und lebensbejahend: ich bin zwar ein anderes wesen als ihr vielleicht denkt, aber das geht so völlig in ordnung und muss niemandem angst machen.

tröstlicher, irrwitziger, unterhaltsamer wurde lange nicht von liebe erzählt.

park chan-wook: i’m a cyborg, but that’s ok. südkorea 2006. 105min.

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