max porter – lanny

max porter wurde mit seinem kurzroman „trauer ist das ding mit federn“ 2015 schlagartig berühmt. ein bedrückender stoff – plötzlicher verlust eines vertrauten menschen – eindrücklich visuell berührend humorvoll leicht erleichternd gar tröstend beschrieben. sein zweiter roman „lanny“ lässt den erstling in neuem, keineswegs besserem licht erscheinen. hier hat jemand seinen stil gefunden und entwickelt ihn konsequent weiter. man könnte meinen: als pose.

das liegt nicht nur an inhaltlich starken parallelen : eine familie, die von einem verlust erschüttert wird (der sohn verschwindet), eine fantasie-figur, die durch die geschichte leitet, die kunst als metapher, um den bezug zum leben nicht zu verlieren – ein sehr bürgerlicher stoff, eine bürgerliche kleintragödie aus der londoner peripherie.

es liegt auch an der identischen art des erzählens, die geschichte nur in monologischen stimmen zu entwickeln. und die sich in „lanny“ als stil marke sound label und kalkuliert offenbart. „lanny“ ist „trauer“ 2.0: statt ein 120 seitiges kammerspiel nun die gleiche geschichte gestreckt auf 200 seiten. „das ding mit federn“ mag als überraschender erstling prima funktioniert haben, thema perspektive gestaltung und struktur, wobei zu vermuten steht, dass die story selbst, nach „lanny“ erneut gelesen, nicht mehr viel hergibt. sehr ähnliche figuren, es ist eine identische bürgerlichkeit und eine vom plötzlichen verlust erschütterte heile bürgerwelt („trauer“: vater und zwillingsöhne tragen keine konflikte gegeneinander aus, sind die ideale trauergemeinde mit unendlich viel verständnis, keiner reagiert über, ist geschockt, verkraftet den verlust nicht – sie sind emotional völlig stabil und können die anwesenheit der trauerkrähe als katalysator zur überwindung des verlustes, als stabilisierung gut gebrauchen: sie vermissen schmerzfloskelnd die über alles geliebte frau/mama und kommen krähentherapiert darüber weg. prospekttrauer eigentlich) und bei „lanny“ ist es ähnlich: vater mutter (im übermaß begabtes) kind, das verschwindet. jetzt wird der konflikt leicht anders gewichtet, die mutter liebt den sohn (bis zur grässlichen verkitschung: er ist meine muse) der vater kommt mit ihm nicht klar (auch dies in kitschiger eindimensionalität, der struktur geschuldet), es gibt eine dümmlich schwätzende dorfgemeinschaft und einen alten einfühlsamen künstler, vaterersatz, der der kindstötung verdächtigt wird. es gibt bei „lanny“ kunst (alter mann) und krimi (mama) statt des federtrauernden vaters beschäftigung mit ted hughes. und es gibt die alles überragende fantasyfigur: es ist altvater schuppenwurz statt der riesenkrähe, ein extrem gesteltzer name für eine symbolfigur. und es offenbart sich, wie sehr diese sprache auf effekte angewiesen ist, um ihre trivialität zu übertünchen. der altvater wird von den stimmen des dorfes umweht, was zu einem wellenförmig durchbrochenem schriftbild führt bzw am ende zu einer imaginären theatralen gerichtsverhandlung, wer ist auf welche weise schuldig an der katastrophe (die es dann doch nicht gab, denn lanny ist nicht tot) – storytelling ist nicht die stärke von max porters romanen, umso mehr wird zu literarischem CGI gegriffen.

ohne diese optischen täuschungen: flat characters, keine figurenentwicklung, von außen heran getragene veränderungen, ein bisschen fantasy, dazu stereotype und klischees : das dumm-böse dorf, die gierig-skrupellosen medien, im zentrum ein verkitschtes allzu überbesonderes kind, eine dieses kind über alle maßen liebende mutter und ein von ihm über alle maßen abgestoßener vater (man weiß, wo das endet) und der aus der geschichte erwachsen gewordene junge. that’s it.

max porters romane: das ist eher machart wie bei einer britpopband, die ihren sound etablieren möchte, egal wo egal wie hauptsache charts. man hat den eindruck, teil einer marketingkampagne zu sein: es ist so leicht zu enttarnen, und ein gar nicht so kleines bisschen fühlt man sich als leser veralbert.

tl;dr

ein drittes buch in ähnlicher manier und max porter wird sein eigenes klischee geworden sein.

max porter: lanny. roman, kein und aber, zürich 2019, 224 seiten, 22€.

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